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FORDERUNGSMANAGEMENT AUF PSCHYBRSCHFTLONISCH

Das 4. Kapitel

Eine andere Stadt. Ein anderer Tag. Eine andere Galaxie. Ein anderes Planetensystem. Eine andere Erde. Nuviana ihr Name. Beziehungsweise Nschnuvianischnunijasch. Auf pschybrschftlonisch.

Pschybrschftlonisch ist ein Dialekt des Pftrbrtlonischen, der hauptsächlich auf der Nschd-Halbkugel des Planeten gesprochen wird. Die meisten Leser wissen das nicht, deshalb sei es hier noch einmal erwähnt.
In dieser Galaxie und auf diesem Planeten wohnen die Pftrbrtlonier, ein freundliches Volk aus lauten Mschthaien, Hlschabschneidern und Hrmmschschrecken. Nicht zuletzt – und das mag jetzt etwas verwundern – wohnt dort auch (Trommelwirbel), richtig: Gregors Vermieter. Wie er es genau geschafft hat, vom 36,8 Millionen Lichtjahre entfernten Nuviana aus an Wohneigentum auf der Erde zu kommen, ist hier nicht weiter wichtig. (Okay, es gibt in der Gegend dort ein paar Wurmlöcher, die unweit der Prenzlauer Allee münden.) Auch nicht, warum er überhaupt welches hier erworben hat. (Okay, der Grund dafür ist, wie auf allen Planeten, auf denen es Geld oder geldähnliche Zahlungsmittel und ein dem Kapitalismus vergleichbares Wirtschaftssystem gibt: Risikodiversifizierung. Da die Zivilisationen auf Nuviana deutlich älter und deutlich höherentwickelter als auf der Erde sind und sich damit bereits überdeutlich auf dem absteigenden Ast befinden, raten sämtliche nuvianischen Geldanlageinstitute ihren Anlegern, ihre acht Kostbarkeiten auf Planeten zu investieren, die noch halbwegs intakt sind und attraktive Renditen erzielen.

Der Diversifikationsimperativ auf Nuviana ist also der eigentliche Grund dafür, dass auf der Erde die Immobilienpreise in galaktische Höhen geschnellt sind. Banker und Immobilienmakler würden das sofort und jederzeit abstreiten – aber: Glauben Sie niemals einem Banker oder Immobilienmakler!) Wichtig ist einzig und allein: DASS er kurz nach der Wende so klug und vorausschauend war, in Berlin-Mitte zum Schnäppchenpreis Immobilien zu shoppen, die seitdem um ein Vielfaches im Wert gestiegen sind und es ihren intergalaktischen Besitzern ermöglichen, jährlich Mietsteigerungen im zweistelligen Prozentbereich durchzusetzen. Das Rauschen, das Arno Penzias und Robert Wilson 1964 erstmals bei der Eichung einer riesigen Hornantenne für die Satellitenkommunikation aus allen Richtungen des Kosmos empfingen und für die Nachwelt aufzeichneten, ist also mitnichten das „Echo des Urknalls“. Es ist das (durch die Wurmlöcher verzerrte, zeitversetzte) Lachen der intergalaktischen Immobilienbesitzer, die sich auf den 5397 von höheren Zivilisationen bewohnten Planeten im All darüber freuen, wie toll sich ihr Berlin-Portfolio entwickelt. (Kaufen Sie deshalb bitte niemals Mondgrundstücke aus irdischen Quellen! Der Mond ist seit etwa 3000 v. Chr. bereits säuberlich filettiert und an interstellare Rentenportfolios verkauft. Gleiches gilt für die Erde. Glauben Sie bitte nicht, dass der Grund und Boden, auf dem Ihr Haus steht, tatsächlich Ihnen gehört! Die Grunderwerbs- und Grundsteuern werden auch nicht an irdische Staaten gezahlt, wie Sie vielleicht glauben. Auch sie fließen in die Renditen polykosmischer Anlagestrategen.)


Doch genug der Weltraumzockerei. Stellen Sie sich jetzt bitte vor, wie ein älterer Nuvianer kosimadezimolonischen Geschlechts (entspricht in etwa unserem männlichen, jedoch mit der Fähigkeit, sich mit multiplen Exopenissen selbst zu penetrieren, was im Allgemeinen zu einer gesunden Ausgeglichenheit führt, außer wenn es ums Geld geht) mit seinem Portfolioverwalter einen Quachzmee trinkt (in Geschmack und Konsistenz ähnlich unserem Latte Macchiato oder Milchkaffee, jedoch mit einer herben Moschusnote), der ihn an einem eher unbedeutenden Punkt im letzten Drittel des Gesprächs darauf aufmerksam macht, dass einer seiner Mieter, Planet Erde, Region Europa, Stadt Berlin, Neue Schönhauser Straße, Objekt Nr. 45.876.900.XF, 3. OG rechts, bereits seit 43 Erdmonaten keine Miete mehr gezahlt hat. Da können Sie jetzt aber in Deckung gehen, als der das erfährt!


Erst sprotzt er den halben Quachzmee wieder aus und deppert schrönend auf den Grymfz. Dann hupt er mit beiden Fröhmeln sein Gesyms und machaillert gilbsend durch das Schrööt. Mit seinen Exopenissen penetriert er stochastisch sein Gromasch, nicht ohne sich ganze Ektofratzien aus der Wumps zu wülpsen. Kein schöner Anblick, wirklich! Noch schlimmer, ärger und schrecklicher ist aber sein Gemoff! Wündestuzzernd kramauxt es sich gen Himmel, so laut, dass uns Erdlingen das Gedärm im Leib zerrisse.
43 Monate ohne Miete! Das ist nicht witzig! Auch nicht am anderen Ende des Alls! Gregor hat es da eindeutig zu weit getrieben. Nicht nur für irdische Verhältnisse und Empfindungen. Der Vermieter, nennen wir ihn Moshe Bryant (Wie bitte? Sie haben diesen Namen schon einmal gehört? Reiner Zufall, ich schwör’s!), ist außer sich vor Wut! Sein Portfolioverwalter, nennen wir siehn (ja, richtig gelesen, weder ein er noch eine sie, eher eine Art schnecken-ähnliches Zwitterwesen) April Weird (Wie bitte? Sie haben auch diesen Namen schon einmal gehört? Ebenfalls reiner Zufall, ganz ehrlich!), ist außer sich vor Angst und schlottert am ganzen Schmörpa. Denn mit Kosimadezimoloniern ist nicht zu spaßen!


Jetzt ist aber die Frage: Wie treibt man bei jemanden, der 36,8 Millionen Lichtjahre entfernt ist, die Miete ein? Da klafft nämlich eine konzeptionelle Lücke in der interstellaren Banken-landschaft auf. Denn was hat man völlig vergessen zu etablieren? Richtig: ein panuniverselles Forderungsmanagement-System! Hinterfotzig und durchtrieben, wie die Nuvianer und der Großteil der extraterrestrischen Bankenliga aufgrund ihres zivilisatorischen Showdowns nun einmal sind, ist beim Setup des Polykosmischen Immobilien-Portfolios (PIP) niemand auf die Idee gekommen, dass es auch auf so niedrig entwickelten Planeten wie der Erde bereits an Hinterfotzigkeit und Durchtriebenheit nicht fehlt. Diese Art inverser Arroganz („Wenn wir das Hinterfotzigste und Durchtriebenste sind, was der Kosmos zu bieten hat, dann können es die anderen nicht sein ergo gibt es keine Hinterfotzigkeit und Durchtriebenheit auf debilen Planeten wie der Erde“) grenzt selbst schon fast an Debilität und ist der Grund für den naiven Verzicht auf eine Klausel in den PIP-Verträgen, die a) ein multiverses Organ installiert, das sich um Zahlungsausfälle kümmert und b) definiert, wie in einem solchen Fall konkret vorzugehen sei. Gregor, der mit seiner Dreistigkeit von 43 Mietausfällen einen Präzedenzfall im gesamten, von PIP abgedeckten Universum darstellt, weiß – und ahnt – von alldem natürlich nichts, ist quasi ahnungslos in diese Falle getreten und völlig unbeabsichtigt zum interstellar meistdiskutierten Wohnungsbesetzer und Mietnomaden aller Zeiten avanciert. Bereits vor seiner Geburt gab es mehrere juristische Wälzer, die seinen Fall behandelten, was seltsam klingt, aber durchaus Sinn macht, wenn man bedenkt, dass Zeit und Raum ja relativ und gekrümmt sind und es bei Entfernungen wie den oben beschriebenen (mit mehreren zeitverzerrenden Wurmlöchern dazwischen) gut und gerne zu mehreren hundert Jahren stellarer Asynchronizität kommen kann. Gregors Vermieter hätte also gewarnt sein können, hätten er oder sein/e dämliche/r Portfolioverwalter/in die einschlägigen Jurisprudenzen dazu konsultiert.


Was also tun? Auf dem Postweg eine Mahnung schicken? Bis die ankäme, wäre die Erde bereits in Gegenwart des Roten Riesen, der einmal unsere Sonne war, verglüht. Eine SMS schicken? Zu unseriös! Sich eben mal schnell zur Erde rüberbeamen lassen? Zu auffällig (wir hatten noch gar nicht darüber gesprochen, wie verstörend das Aussehen der Nuvianer auf eine weichgesottene Spezies wie Homo Sapiens wirkt) und zu teuer! Selbst mit einer kleinen, privat betriebenen Weltraumreisegesellschaft wie Space Axolotl vom Planeten Vabene 22 würde das ganze Unterfangen mindestens 350 von Gregors Monatsmieten verschlingen. Da könnte man auch einfach abwarten, bis Gregor angesichts seines seelisch wie körperlich kargen Daseins vorzeitig zu Staub zerfällt. Oder das Problem einfach beim nächsten Verkauf der Immobilie an den Nachfolgebesitzer weiterdelegieren. Doch Aussitzen war eines Nuvianers Sache nicht! Aufgebracht penetrierte er sich noch immer stochastisch mit seinen Exopenissen und besabberte den Grymfz mit seinem Smegmakulat.


Ein Kellner, der das Gespräch der beiden zufällig mitverfolgt hatte, kam dann auf die rettende Idee. Er hatte gehört, dass es seit Neuestem möglich war, Briefe mithilfe eines Ionenzerstäubers komplex zu verpulvern und dieses Pulver an einem Ort seiner Wahl im bekannten Universum (sowie mathematisch antizipierend sogar darüber hinaus) zurück-synthetisieren zu lassen. Eine wunderbare, ganz vorzügliche Innovation, bemerkte Moshe Bryant, während April Weird den Kellner rektal mit seinem Saugrüssel auf Mausgröße deflationierte, weil dieser ihnen ungefragt gelauscht hatte und April erst kürzlich Ärger mit einem ähnlich gelagerten Fall hatte, der sein zu Unrecht Erlauschtes dann öffentlich in der Darknet-Abteilung von Wikileaks zugänglich machte. Das galt es in diesem Fall aufs Entschlossenste zu verhindern, was eine derartige Deflationierung irgendwie rechtfertigte.


Ein Brief also. Wohlan, so sei es! Pulverisiert und rekonstruiert in Gregors Briefkasten. Vom Niederpschybrschftlonischen ins Hochdeutsche übersetzt mithilfe von Gschschgle Translasch, dem Standard-Übersetzungstool auf Nuviana, wenn es um wichtige Dokumente der inter-galaktischen Völkerverständigung geht, und sich im Ergebnis etwa folgendermaßen liest:

„Schr grtr Gregrosch Kmschnskschi,

wie ine Übrprfschng ihrs Mschtkontos ergop, hmm Sch brschttz scht 43 Erdmndn khne Mschte mhrsch bzhlscht. Dvn auschghnd, dzz dsss unbabschschtgt erflgt schscht, bittesch sch Sch, dn auschsschthndn Btrasch vn 29.240 EUR nnerhlb dr näschschtn 4 Wchn auf dss Ihnn bknntsch Mschtkonto zu übrwischen, da wrsch unsch schonscht gnötigt schschen, Ihnn d Whnungsch nnerhlb dr näschschtn 8 Wchn zu kündigschn nd dn bisch daschn auschsschthndn Mschtzins perr Grischtschvolltschihr bi Ihnn inzklaschgen.

Hschaschtungschvll
Moshe Bryant, Vrmschter“